Das Jahr 2017 neigte sich dem Ende zu und ich wollte unbedingt meine 20ste Stadt schaffen. Als 17te Stadt folgte nun Göttingen und glücklicherweise hatten meine Freundin und ich meist gutes Wetter! Über Göttingen wußte ich bisher nur, dass es eine Universitätsstadt sei und die Altstadt im Krieg kaum etwas abbekommen hat. Daher war ich ziemlich gespannt darauf, was diese Stadt noch zu bieten hat.
Glücklicherweise liegen die meisten Attraktionen innerhalb des Altstadtrings, so dass wir unseren Ausflug sehr gut zu Fuss durchführen konnten und Zeugnisse der ehemaligen Handelsgeschichte und gegenwärtigen Wissensgeschichte dieser Stadt besichtigen konnten. Im übrigen war es sehr hektisch in der FuZo, was mit Sicherheit daran lag, dass wir am 3. Advent dort waren und alle und jeder seine Besorgungen machen musste/ wollte. Grundsätzlich stört mich diese Hektik nicht, aber leider konnte ich niemanden finden, der entspannt genug war, um mir für mein bekanntes, ausgeklügeltes Interview Rede und Antwort zu stehen. Dummerweise bin ich deswegen etwas verärgert gewesen, was meine Freundin mit stoischer Gelassenheit ertrug. Zum Glück hielt mein Ärger nicht so lange, denn ich entschied bei meiner nächsten Tour einen Abstecher nach Göttingen zu machen und das Interview nach zu holen.
Die FuZo/Altstadt und einige historische Gebäude
Wo fange ich an? Es ist so ziemlich egal in welche Gasse, Straße oder welchen Weg wir gegangen sind. Wir haben überall viel Fachwerk, Gründerzeitbauten usw. erblicken können. Alle Gebäude waren gut erhalten und sahen auch ziemlich gut aus. Im Zentrum einer alten, mittelalterlichen Stadt steht in den meisten Fällen eine Kirche. So beginne ich mit der ältesten, über 1000 Jahre alten Kirche Göttingens: St. Albani. Sie liegt im östlichen Rand der Stadt und gilt als ihre Keimzelle.

Eine weitere bedeutende Kirche und mit seinen 72 Metern höchstes Gebäude der Altstadt, ist die St. Jacobi-Kirche. Sie ist ein Wahrzeichen Göttingens und hütet einen bedeutenden, gotischen Flügelaltar.

Ein weiteres wichtiges Kirchengebäude ist die Paulinerkirche. Sie war ein Kloster, welches nach Auflösung eine Bibliothek und Keimzelle der Georg-August-Universität wurde.

Weiter ins Zentrum hinein trafen wir den Nabel. Er ist ein beliebter Treffpunkt mitten in der FuZo und ist eine Bronzeplastik. Ursprünglich stand dort ein “Plastik-Baumkuchen”, welcher aber vor einigen Jahren zerstört wurde und durch die Bronzeplastik ersetzt wurde.

Noch ein Stück weiter befindet sich die Gänseliesel – das Wahrzeichen der Stadt Göttingen. Sie befindet sich auf dem Gänselieselbrunnen und ist eine Kopie! Das Original befindet sich im Städtischen Museum. 1901 wurde diese Figur aufgrund eines Wettbewerbs aufgestellt. Eigentlich hat die Gänseliesel nur den zweiten Platz belegt durch die Jury, aber die Göttinger Bürger fanden die Gänseliesel einfach besser als das Exponat, welches die Jury als Sieger erkoren hat. Seitdem steht sie dort am Marktplatz.

Das Alte Rathaus ist etwa 900 Jahre alt und beherbergt einige schöne Malereien im Inneren. Der Weihnachtsmarkt verdeckt das Rathaus ein wenig, so dass ich es nicht in voller Pracht ablichten konnte.

Gleich nebenan befindet sich der Kornmarkt – eine breite Straße, in der sich eine Platte aus Metall auf der Straße befindet, welcher der Vierkirchenblick heißt. Von dort kann man logischerweise vier Kirchturmspitzen sehen. Leider habe ich kein Foto gemacht, was daran liegt, dass ich vergessen habe, danach zu suchen… :-/


Wie üblich bei erhaltenen Altstädten gibt es größere Gebäude, welchen von damaligen Unternehmen errichtet wurden. Das Grätzelhaus wurde vom Textilunternehmer Johann Heinrich Grätzel erbaut und wurde von ihm bewohnt. Mittlerweile befinden sich dort gastronomische Betriebe.

Nebenan steht das Michaelishaus/Londonschänke. Früher wohnten und arbeiteten dort Mitarbeiter und Gelehrte der Universität. Es wurde auch eine Zeit lang als Wohnhaus der Gelehrtenfamilie Michaelis genutzt. Mittlerweile befindet sich ein Kreditinstitut in dem Gebäude.

Das Accouchierhaus diente früher als Entbindungsstation für unverheiratete Frauen. Außerdem wurden dort Ärzte und Chirurgen darin ausgebildet, Entbindungen durchzuführen. Man war der Meinung, dass Hebammen nicht professionell genug arbeiteten. Mittlerweile befindet sich hier das Musikwissenschaftliche Seminar der Universität.

Göttingen hatte einen prominenten Studenten! Otto von Bismarck hat einige Jahre hier verbracht und wohnte in einem Gebäude, welches heute Bismarck-Häuschen genannt wird. Ursprünglich war er ein Turm der Wehranlage und dient heute als Museum zu Bismarck.

Zu Ehren von Bismarck wurde auch in Göttingen ein Bismarck-Turm errichtet.

Zu Ehren von Bismarck wurde auch der Bismarck-Stein erbaut. Er steht in der Nähe des Klausbergs und man kann von dort einigermaßen gut auf die Stadt schauen – wenn keine Blätter an den Bäumen hängen… im Volksmund wird das Gebäude auch Elefantenklo genannt…


Die historische Sternwarte hat die Besonderheit, dass sie die dritte Sternwarte überhaupt auf deutschsprachigem Raum ist. Sie wird mittlerweile von der Universität genutzt.

Die Akademie der Wissenschaften ist die älteste wissenschaftliche Einrichtung zur Förderung interdisziplinärer wissenschaftlicher Arbeit in Deutschland und befasst sich mit vielen verschiedenen Projekten, wie zum Beispiel das Goethe-Wörterbuch oder einer Enzyklopädie des Märchens.

Die lediglich etwas über 100 Jahre bestehende Alte Fechthalle war eine Universitätsturnhalle und eine Fechthalle. Mittlerweile dient es als Kultur- und Veranstaltungszentrum.


Der Karzer in der Aula des Universitätsgebäudes am Wilhelmsplatz diente bis 1933 als Studentengefängnis. Im Laufe der Zeit galt es damals als ziemlich cool unter Studenten im Karzer ein paar Nächte verbracht zu haben, so ritzten Inhaftierte ihre Namen in die Zellen. Mittlerweile kann der Karzer besichtigt werden, aber leider hatten wir nicht die Gelegenheit dazu, da wir außerhalb der Öffnungszeiten da waren.


Ein idyllisches Plätzchen zum Abschalten ist der Alte Botanische Garten am Rande der Altstadt.





In der Altstadt befindet sich ein reichverziertes Fachwerkhaus, welches eine der ältesten Weinstuben Deutschlands war. Mittlerweile befindet sich im Junkernhaus ein Restaurant.

Ein weiteres schönes Fachwerkhaus ist das Bornemannsche Haus. Allerdings konnte ich keine verwertbaren Informationen dazu finden.

Im Lichtenberghaus, welches nach dem Physiker Georg Christoph Lichtenberg benannt wurde, der dort viele Jahrzehnte lebte, finden Kunstausstellungen statt.

Mehr gut erhaltenes Fachwerk befindet sich unter anderem in der Roten Straße und vielen anderen Straßen und Gassen der Altstadt.











Etwas außerhalb des Zentrums befindet sich der Jerome-Pavillon auf der Schillerwiese. Benannt wurde er nach einem jüngeren Bruder von Napoleon Bonaparte. Er residierte damals als Regent des Königreichs Westphalen in Kassel und kam ab und an für ein Techtelmechtel nach Göttingen zum Pavillon.



Die Wissenschaftsstadt
Die Georg-August-Universität ist die größte und älteste Universität in Niedersachsen. Sie ist Stiftungsuniversität und nahm an der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder teil. In Göttingen ist sie der größte Arbeitgeber und mit ihren 30.000 Studenten ein bedeutender Wirtschaftsfaktor.



Die Universität besitzt mit der Staats- und Universitätsbibliothek eine der größten Bibliotheken in Deutschland.

Carl Friedrich Gauß – ein Mathematiker vor dem Herrn – lebte, wohnte und lehrte in Göttingen. Am Ende verstarb er auch hier. Wir waren an seinem Grabmal.

Gerade wollte ich etwas über seine Leistungen erwähnen, aber da ich Mathe scheue, wie der Teufel das Weihwasser, überlasse ich es den interessierten Lesern im Internet mehr über diesen Mathewahnsinnigen herauszufinden… 😉 Beim Spaziergang am Wall kamen wir auch am Gauß-Weber-Denkmal vorbei. Wilhelm Weber war ebenfalls der Mathematik verfallen.

Ein schönes Gebäude ist das Fridtjof-Nansen-Haus (auch Levinsche Villa genannt), in dem mittlerweile das Goethe-Institut seinen Sitz hat.

Seit wenigen Jahren gibt es das YLAB in Göttingen. Das geisteswissenschaftliche Schülerlabor bietet Schülern die Möglichkeit, sich über geisteswissenschaftliche Themen auszutauschen.


Wo ein Y, da auch ein X … Das XLAB ist ein Experimentallabor für Informatik, Chemie, Physik, Biologie und Geowissenschaften und möchte für junge Leute Schnittstelle zwischen Schule und Universität sein. Es ist das größte seiner Art in Deutschland.
In Göttingen gibt es eine Vielzahl an Max-Planck-Instituten. Da es mir zu aufwändig erschien jedes Institut zu besuchen, habe ich mich für eines der für mich interessantesten entschieden, welches auch recht fotogen wirkt! Das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung befasst sich unter anderem mit den Atmosphären extraterrestischer Körper und der Sonnenatmosphäre.

In der relativen Nähe zum Institut befindet sich das Laser Laboratorium. Es gilt als ein Institut von Weltruf.

Ebenfalls in der relativen Nähe befindet sich das Deutsche Primatenzentrum. In Europa gibt es nur eine weitere Einrichtung, welche sich ebenfalls der Primatenforschung widmet.

Das DZNE – Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen – in Göttingen ist eines von mehreren außeruniversitären Einrichtungen in Deutschland, welches neurodegenerative Erkrankungen erforscht.

Zu guter Letzt sei noch das DLR – Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt – zu erwähnen! Der Hauptsitz ist zwar in Köln, aber die Ursprünge der Luftfahrtforschung liegen in Göttingen.

Die Sportstadt
Göttingen ist eine Hochburg des Basketballs. Die BG 74 Göttingen Herrenmanschaft spielt seit einigen Jahren mit kurzer Unterbrechung in der ersten Basketballbundesliga. Ihre Spiele tragen sie in der Halle des Felix-Klein-Gymnasiums ab. Dort befindet sich auch das Vereinsheim.

Der Basketballboom begann in den 60er/70er Jahren des letzten Jahrhunderts, als die Damenmannschaft des 1. SC Göttingen 05 mehrere Meisterschaften hintereinander gewannen. Der Verein wurde 2001 aufgelöst.
Der ASC Göttingen ist der größte Sportverein Niedersachsens. Die Basketballsparte machte den Verein mit dem Gewinn mehrerer Meisterschaften national bekannt .

Der GPC Göttingen ist einer der erfolgreichsten Kanupolovereine und kann sowohl bei den Herren, als auch bei den Damen etliche nationale und internationale Titel vorweisen.

Göttinger Kultur
Göttingen besitzt das renommierte Deutsche Theater.

Die Stadt wurde über die Grenzen bekannt, als die französchiche Chanson-Sängerin Barbara ein Lied über Göttingen gesungen hat. Sie führte es im Jungen Theater auf.

Eine Besonderheit des Theaters im OP ist, dass es sich auf dem Universitätsgelände in einem ehemaligen Operationssaal befindet. Es ist das größte Universitätstheater Deutschlands und eines der größten in Europa.

Die Internationalen Händelfestspiele sind die weltgrößten für alte Musik und werden oft im Deutschen Theater abgehalten. Veranstalter ist unter anderem die Internationale Händel Festspiele GmbH.

Ein traditionsreicher Live-Club ist das Nörgelbuff. Hier wird unter anderem das Indoor-Altstadtfest gefeiert.

Der Göttinger Literaturherbst ist ein internationales Literaturfestival, auf dem schon namhafte Schriftsteller gelesen haben.

Göttingen ist auch eine Filmstadt. Zu Gedenken an Heinz Erhardt, der etliche seiner Filme in Göttingen gedreht hat, wurde auf dem Heinz-Erhardt-Platz eine Steele aufgestellt.

Göttinger Unternehmen und Spezialitäten
Die Stadt hat sich im Messwesen einen Namen gemacht. Viele Unternehmen dieser Branche sind Mitglieder im Wirtschaftsverband Measurement Valley, dessen Sitz sich am Rande der Altstadt befindet.

Die Sartorius AG ist im Bereich Messtechnik ein weltweit agierendes Unternehmen mit Sitz in Göttingen. Spezialisiert ist das Unternehmen auf Pharma- und Laborausrüstung.

Die Mahr-Gruppe in Göttingen ist ein familiengeführtes Unternehmen, welches sich mit der Fertigungsmesstechnik befasst und dort in Teilbereichen Weltmarktführer ist.

Nun zu einer völlig anderen Branche. In Göttingen befindet sich die letzte Pfannensiederei Europas – die Saline Luisenhall. Dort kann man Führungen durch die Saline machen, Salz kaufen und das Badehaus besuchen.



Die Börner-Eisenacher GmbH stellt regionale Wurstspezialitäten her. Unter Anderem befasst sich das Unternehmen mit der Herstellung von Bio-Wurst und den lokalen Spezialitäten Göttinger Stracke und Göttinger Feldkieker.
Bei Börner-Eisenacher gibt es einen Werksverkauf und selbstverständlich habe ich mir dort die lokalen Spezialitäten besorgt. Ebenfalls habe ich mir in der Saline Luisenhall ein Tütchen grobes Salz gekauft.

Göttinger Speckkuchen konnte ich im Dezember nicht finden. Dieser wird traditionell im Oktober zum Gildentag der Kreishandwerkerschaft gebacken.
EDIT:
Kürzlich bin ich mit meiner Freundin nach Mannheim und Ludwigshafen gefahren und auf dem Rückweg haben wir Halt in Göttingen gemacht. Wir fuhren zu Börner-Eisenacher, da ich mein Interview nachholen wollte. Die Angestellte bei Börner-Eisenacher konnte mir sehr gut weiter helfen!
- Erzähle / Erzählen Sie mir das Erste, was Dir / Ihnen über deine / Ihre Stadt einfällt. Die Gänseliesel. Sie ist das Wahrzeichen unserer Stadt
- Was ist Dein / Ihr Lieblingsort und warum? Ich bin ein Landmensch und daher mag ich es im ruhigen Landkreis. Dort wohne und lebe ich auch.
- Was sollte man als Tourist unbedingt gesehen haben? Eine Stadtführung führt an allen wichtigen Sehenswürdigkeiten vorbei. Am Kehr – am Rande der Stadt – kann man übrigens sehr schön spazieren gehen und entspannen. Eine echte Idylle! Südlich von Göttingen befindet sich auch der Wendebachstausee; ebenfalls eine idyllischer Ort zum Entspannen.
- Was ist typisch für Deine / Ihre Stadt? Die vielen, vielen Studenten!
- Was wünscht Du Dir / wünschen Sie sich für Deine / Ihre Stadt? Eine etwas attraktivere Innenstadt mit interessanteren, individuelleren Geschäften. Es kommt mir zu sehr 08/15 vor.
Da ich schon mal da war habe ich mir noch einige Wurstwaren besorgt. Außerdem eine Choco-Chili-Kirsch-Konfitüre! Sie ist zwar keine originäre Göttinger Spezialität, aber ich finde sie total lecker und werde sie mir wohl öfter besorgen, wenn ich auf Tour bin!

Mein liebes Göttingen,
du liegst so nah an meiner Heimat und warst bisher gar nicht so sehr auf meinem Schirm. Ich war zwar schon 3 mal bei dir, aber konnte kein Sightseeing machen. Vor wenigen Jahren konnte ich mal einen Hauch deiner schönen Altstadt erhaschen auf dem Weg zur Stadthalle und da habe ich mir bereits vorgenommen, dich zu besuchen. Und nun habe ich mich echt gefreut, Sightseeing zu machen! Du bist eine wirklich schöne Stadt mit einer bemerkenswert gut erhaltenen Altstadt und kurzen Wegen. Bald werde ich wieder kommen, um mein ausgeklügeltes Interview durchzuführen und um mir natürlich leckere Stracke und Feldkieker zu kaufen!
Bis bald und alles Gute!
Göttingen ist wirklich eine tolle Stadt! Ein schöner Artikel mit tollen Bildern und vielen wachgerufenen Erinnerungen. 🙂
Viele Grüße, Becky
Toller Bericht über Göttingen, bin dort geboren und habe 20 Jahre in Gö gelebt. Und doch habe ich sooo viel Neues gelernt … 👏